Thomas Schüpfer (TS):

Bruno, gibt es heute noch viele Häuser, deren Dächer asbestbelastet sind und wie kann ich als Eigenheimbesitzer herausfinden, ob ich ein solches Risiko zuhause habe?

Antwort Bruno Habisreutinger (BH):

Gemäss einer Studie der Credit Suisse aus dem Jahr 2020 sind vier von fünf Wohngebäuden, also 80%, vor 1990 errichtet worden. Viele Dächer dieser Gebäude wurden mit Asbestfaserplatten, allgemein bekannt als Eternitplatten, eingedeckt. Bei unzähligen Einfamilienhäusern wurde auch die Fassade des Dachgeschosses mit Asbestfaserplatten verkleidet. Als Eigenheimbesitzer kann ich meist relativ einfach herausfinden, ob es sich bei den Eternitplatten auf oder an meinem Gebäude um Asbestfaserplatten handelt. Als Faustregel gilt, dass bei Eternitplatten, die bis 1990 produziert oder verbaut wurden, davon ausgegangen werden muss, dass sie Asbestfasern enthalten. Eternitplatten, die in der Übergangszeit zwischen 1990 und 1995 verbaut wurden, können ebenfalls Asbestfasern enthalten. Im Zweifelsfall können Laboranalysen oder Asbest-Tests Klarheit verschaffen. Weitere Infos gibt es auf der Website des Bundesamtes für Gesundheit BAG https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/chemikalien/chemikalien-a-z/asbest.html

TS:

Kannst du die spezifischen Gefahren und Risiken erläutern, die mit der Montage einer Photovoltaikanlage auf einem asbestbelasteten Eternitdach verbunden sind?

BH:

Asbestfaserplatten auf dem Dach stellen an sich kein Risiko dar, da die Asbestfasern in der Platte eingebunden sind. Durch Bearbeiten der Asbestfaserplatten, z.B. Bohren, Schneiden, Brechen etc., werden Asbestfasern freigesetzt und gelangen unkontrolliert in die Umwelt. Dabei besteht das Risiko, dass Personen im betroffenen Einzugsgebiet mit den Asbestfasern in Kontakt geraten und diese einatmen. Der Aufbau von Photovoltaikanlagen auf einem Dach mit Asbestfaserplatten kann meist nicht ohne die Bearbeitung der Asbestfaserplatten erfolgen und ist deshalb nicht zu empfehlen.

TS:

Welche gesetzlichen Vorschriften und Sicherheitsstandards müssen bei der Sanierung eines asbestbelasteten Daches in der Schweiz beachtet werden, besonders im Hinblick auf die Vorbereitung für eine Photovoltaikanlage?

BH:

Asbesthaltige Faserzementplatten dürfen nicht bearbeitet werden. Vor der Montage einer PV-Anlage muss die Dacheindeckung mit Asbest-Faserzementplatten entfernt und ersetzt werden. Asbesthaltige Faserzementplatten müssen durch instruierte Baufachleute rückgebaut werden. Dabei sind die aktuell gültigen SUVA-Vorschriften einzuhalten. Es ist darauf zu achten, dass die involvierten Mitarbeitenden durch Verwendung einer persönlichen Schutzausrüstung (Staubmaske, Overall, Handschuhe etc.) gegen das Asbestrisiko geschützt werden.

TS:

Mit welchen Kosten sollte man rechnen, um sein Dach sowohl asbestfrei zu machen als auch für die Montage einer PV-Anlage vorzubereiten?

BH:

Für den Rückbau und die Entsorgung von Asbestfaserplatten mit deren Dachlattung muss je nach Eindeckungsart und Grösse der Dachfläche mit ca. CHF 50.00 bis 80.00 pro Quadratmeter gerechnet werden. Für die Neueindeckung mit asbestfreien Faserzementplatten inkl. der dazugehörigen Dachlattung muss je nach Eindeckungsart und Grösse der Dachfläche mit einem Quadratmeterpreis von ca. CHF 70.00 bis 120.00 gerechnet werden. In den Richtpreisen pro Quadratmeter sind keine Gerüstkosten oder Kosten für die Spenglerarbeiten eingerechnet.

TS:

Worauf sollte man bei der Auswahl eines Fachunternehmens für die Dachsanierung und die Installation der Photovoltaikanlage achten, um Sicherheit und Qualität zu gewährleisten?

Antwort Bruno:

Die Bauherrschaft sollte bei der Auswahl des Fachunternehmens darauf achten, dass sie neben der Bauleistung eine transparente, ehrliche und professionelle Beratung und Unterstützung während der Bauphase erhält. Alle wichtigen Eckpunkte, wie eben der Rückbau und die fachgerechte Entsorgung durch instruierte Baufachleute, sollten im Angebot und der Auftragsbestätigung oder im Werkvertrag offen und transparent ausgewiesen werden. Die Neueindeckung mit asbestfreien Faserzementplatten sollte ausschliesslich einer erfahrenen Dachdecker-Firma anvertraut werden, die ihnen vorab vergleichbare Referenzobjekte angeben kann. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, vor Auftragsvergabe persönlich ein bis drei Referenzauskünfte bei anderen Bauherrschaften per Telefon einzuholen. Meist sind im Zuge der Neueindeckung bei An- und Abschlüssen auch Anpassarbeiten bei Spenglerarbeiten nötig. In diesem Fall macht eine Zusammenarbeit mit einem Fachunternehmen Sinn, welches als Komplettanbieter auch die Spenglerarbeiten ausführt.

TS:

Welche langfristigen Vorteile und mögliche Wertsteigerung des Hauses kann man von einer professionell durchgeführten Dachsanierung und der Installation einer Photovoltaikanlage erwarten?

BH:

Durch eine professionell durchgeführte Dachsanierung wird sichergestellt, dass die Dacheindeckung, gemäss der Lebensdauertabelle vom HEV, wieder ca. 50 bis 60 Jahre hält. Das entspricht der Lebensdauer von etwa zwei PV-Anlagen. Der Werterhalt oder die Wertsteigerung des Gebäudes ist dadurch gesichert. Die nächsten zwei Generationen müssen sich keine Sorgen um das Dach mehr machen. Ein Gebäude mit einer sanierten Dacheindeckung kann auch aus Erfahrung besser und einfacher verkauft werden, da potenzielle Käuferschaften keine Angst haben müssen, dass in Kürze eine unvorhergesehene und grosse Investition durch eine ungeplante Dachsanierung auf sie zukommen könnte.

TS: Danke für das interessante Interview.