Tom Schüpfer (TS): Bruno, du bist ein Mann der Tat, der aus den Schweizer Bergen stammt und sich in den Oberaargau gewagt hat, um die Dachlandschaft zu revolutionieren. Bevor wir ins Detail gehen, könntest du uns einen kurzen Überblick über die Habisreutinger Gebäudehülle GmbH geben?

Bruno Habisreutinger (BH): Gerne, Tom. Die Habisreutinger Gebäudehülle GmbH steht für nachhaltige, energieeffiziente und umweltschonende Dachlösungen. Wir bieten von Dachsanierungen über Reparaturen bis hin zu regelmässigem Dachservice alles an, was das Dach betrifft und das im Umkreis von 25 Kilometern um Huttwil. Unsere Spezialität sind integrierte Lösungen, dank unserer eigenen Spenglerei können wir massgeschneiderte Konzepte aus einer Hand anbieten.

Nebst den Dachlösungen bieten wir mit Beschichtungen aus Flüssigkunststoff zudem eine innovative Lösung für Balkone und Terrassen, Garagenböden, Nutzböden und Treppen an.

TS: Von den Bergen Arosas in den Oberaargau – das ist ein beeindruckender Schritt. Was hat dich vor 20 Jahren dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?

BH: Nach meiner Ausbildung zum Spenglermeister und ersten Berufserfahrungen, suchte ich nach einer Möglichkeit, meine Vision von nachhaltigen Dachlösungen umzusetzen. Damals wie heute war und ist es mein Bestreben, unseren Kunden Lösungen aus einer Hand anbieten zu können. Ich stiess jedoch schnell an Grenzen, da meine Werte und Visionen in den von mir besuchten Firmen nicht geteilt wurden. So entschloss ich mich 2004, mein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Entscheidung für Huttwil fiel leicht, da ich die Region und ihr Potenzial durch persönliche Verbindungen kannte. Meine Frau Daniela stammt aus Huttwil und ich spielte seit 1997 und trainiere noch heute hier selber Eishockey.

TS: Die Anfangszeit eines Unternehmens ist oft die härteste. Welche Stolpersteine gab es für dich?

BH: Zu Beginn merkte ich immer wieder, dass ich kein Einheimischer war und hier niemand auf mich gewartet hat. Es gab Kunden, aber auch Lieferanten, die mir offen zu verstehen gaben, dass sie nicht mit mir arbeiten wollten und es mich nach einem oder zwei Jahren eh nicht mehr geben würde! Als Jungunternehmer liess ich mich davon jedoch nicht beirren und ging unbeirrt meinen Weg. Als frisch diplomierter Meister war ich zu diesem Zeitpunkt up to date und auf dem neuesten Stand der Technik. Es war jedoch immer wieder erstaunlich, wie wenig einige Kunden davon profitieren wollten. So bekam ich immer wieder zu hören, dass man dies hier in der Region immer anders gemacht hat und es bisher stets funktioniert hat. Dies ist heute noch ab und zu der Fall!

TS: Natürlich gab es nicht nur Stolpersteine, sondern auch Momente, die dir aufzeigten, dass du mit deinem Vorhaben auf dem richtigen Weg bist. Welche fallen dir dazu ein?

BH: Vor allem der Vorteil als Gesamtanbieter mit der eigenen Spenglerei war ein Pluspunkt. Viele Kunden, zunächst hauptsächlich im Neubau, erkannten, dass sie mit meiner Firma einen kompetenten Partner an ihrer Seite haben, der ihnen die drei Arbeiten am Steildach, Flachdach und in der Spenglerei zusammen ausführte, wodurch viele Schnittstellen wegfielen und der Aufwand für die Kunden wesentlich geringer war. Damals war ich in der Region die einzige Firma, die alle drei Arbeitsgattungen aus einer Hand angeboten hat. Die anderen Firmen zogen erst später nach.

TS: In den letzten 20 Jahren hat sich dein Unternehmen von einem Ein-Mann-Betrieb zu einem KMU mit rund 30 Mitarbeitenden entwickelt. Das bestätigt, dass du und dein Team in der Vergangenheit vieles richtig gemacht habt. Doch sicherlich hat sich deine Branche in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Was sind die grössten Veränderungen, die dein Unternehmen beeinflusst und dich als Unternehmer gefordert haben?

BH: Früher ging es vor allem darum, ein dichtes Dach zu erstellen; mit den Jahren ist es jedoch immer wichtiger geworden, durch eine gute Wärmedämmung im Dach auch Energie zu sparen. Heute gehen wir noch einen Schritt weiter: Wir erstellen Dächer mit nachhaltigen Materialien, auf oder mit denen ebenfalls Energie produziert werden kann. Diese sehr komplexen Themen stellen uns als Gesamtanbieter vor grosse Herausforderungen. Wir müssen ständig auf dem neuesten Stand sein und die aktuellen Vorschriften, Normen und Anforderungen kennen. Auch meine Mitarbeitenden müssen agil bleiben, sich den Neuerungen stellen und sich fortlaufend weiterbilden. Genügend qualifizierte und passende Mitarbeitende zu finden, war schon immer eine Herausforderung, die mit den Jahren und steigenden Anforderungen nicht einfacher geworden ist. Aus diesem Grund ist es mir wichtig, den eigenen Nachwuchs selbst auszubilden. In den letzten 20 Jahren konnten wir zahlreiche Lernende ausbilden, von denen viele heute noch bei uns arbeiten. Auch die Entwicklung der Sicherheitsvorschriften erfordert von uns, stets am Ball zu bleiben und in Sicherheitseinrichtungen zu investieren. So verfügen wir heute über drei eigene Hebebühnen, eigene Dachrandgeländer und sorgen für die ständige Weiterbildung unserer Mitarbeitenden im Bereich Sicherheit. In der Spenglerei hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Diese Entwicklung und die damit verbundenen Investitionen zwingen uns dazu, unsere Maschinen besser auszulasten und nicht nur für uns selbst zu produzieren, sondern auch für andere Betriebe Blechprofile zu fertigen, darunter kleinere Spenglereien, Dachdeckereien, Zimmereien, Solarbauer, Gipser und andere.

TS: Mit deinem Team hast du in den letzten 20 Jahren mehrere tausend Dächer energetisch saniert, repariert, gepflegt und gewartet. Die Redewendung „Ein sicheres Dach über dem Kopf zu haben“ wird von euch täglich in eurer Arbeit verwirklicht. Es muss ein grosser Stolz für dich sein, so vielen Menschen und Tieren ein sicheres, umweltschonendes und energieeffizientes Dach über den Kopf zu bieten – nicht wahr?

BH: Ja, es erfüllt mich mit Stolz und es macht Spass, mit dem Auto oder dem Fahrrad durch die Gegend zu fahren und meinen Kindern die Dächer zu zeigen, die wir saniert haben oder bei denen wir durch Reparaturen oder Wartungsarbeiten die Lebensdauer verlängern konnten. Für meine Mitarbeitenden und mich ist es allgemein eine grosse Freude, am Abend zu sehen, was wir geleistet und bewirkt haben.

TS: Auf welche Projekte bist du besonders stolz und was macht diese so speziell für dich und dein Unternehmen?

BH: In den letzten Jahren hat unser Unternehmen eine Reihe von bedeutsamen Projekten realisiert, die uns besonderen Stolz bereiten. Die Restaurierung des Kirchendachs in Herzogenbuchsee nach einem verheerenden Brand war ein Highlight, bei dem wir die alten Dachziegel grösstenteils wiederverwenden konnten – ein wahrer Triumph der Nachhaltigkeit. Besonders hervorzuheben ist auch die energetische Sanierung des Steildachs des Schulhauses Reisiswil, wo während der gesamten Arbeiten von aussen die Bewohnbarkeit nicht beeinträchtigt und in Zusammenarbeit mit Clevergie AG innovative Indach-PV-Module für die Stromproduktion installiert wurden.

Unser Fachwissen zeigte sich ebenso bei der Sanierung von Einfamilienhäusern mit Asbestzementdächern, wo wir nicht nur Asbestprobleme lösten, sondern auch den Energieverlust deutlich minimieren konnten. Bei der Spitalstrasse 28 in Huttwil gingen wir einen Schritt weiter und bereiteten das Flachdach für die Installation einer umfassenden Photovoltaikanlage vor.

Nicht zu vergessen ist die umfassende thermische Sanierung mehrerer Terrassen in Huttwil, wo wir von der Abdichtung bis zum Terrassenbelag alles aus einer Hand anbieten konnten, um den Komfort und die Energieeffizienz zu erhöhen. Ein besonderes Juwel unserer Arbeit war die Erneuerung eines alten Bauernhauses in Affoltern im Emmental, das in Kooperation mit Clevergie AG nicht nur saniert, sondern mit Indach-Photovoltaikpanels ausgestattet wurde, was dem denkmalgeschützten Objekt ihm 2016 den prestigeträchtigen Schweizer und Europäischen Solarpreis einbrachte.

Diese und viele andere Projekte, wie die mehrjährige energetische Sanierung der Flachdächer des Coop Tell Langenthal, zeigen, wie unser Engagement und unsere Expertise im Bereich der Dachsanierung nicht nur die Lebensqualität unserer Kunden verbessern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

TS: Schauen wir in die aktuelle Zeit. Welches sind im Moment die grössten Herausforderungen für dich als Unternehmer, nebst dem bereits vielfach mitbekommenen Fachkräftemangel?

BH: Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen wir auf die Ausbildung von eigenem Nachwuchs. Die grosse Anzahl noch vorhandener Asbestzementdächer wird uns in den nächsten Jahren stark beschäftigen. Der fachgerechte Rückbau dieser Dächer erfordert besondere Vorsicht, um die Gesundheit unserer Mitarbeitenden und Kunden zu schützen. Wir bemerken auch, dass das Bewusstsein unserer Kunden für Nachhaltigkeit bei Dachsanierungen gestiegen ist, was zu einem erhöhten Beratungs- und Informationsbedarf führt, den wir erfüllen wollen und müssen.

TS: Blicken wir auf ein Thema, das immer wichtiger wird in unserer Gesellschaft. Die Nachhaltigkeit. Wie wichtig ist dir die Nachhaltigkeit in deinem Unternehmen? Kannst du uns aufzeigen, welche konkreten Massnahmen ihr bereits umsetzt, um die Nachhaltigkeit zu fördern?

BH: Einen Grossteil unserer Energie produzieren wir direkt auf dem Firmengebäude. Bei der Auswahl unserer Materialien legen wir grossen Wert darauf, dass diese bei einer späteren Sanierung leicht separiert und recycelt werden können. Wir fördern aktiv den Materialkreislauf und bemühen uns, Materialien ein zweites Leben zu geben, wo immer das möglich ist. Zum Beispiel recyceln wir in Zusammenarbeit mit Partnern alte Tonziegel, die wir dann als Ziegelsplitt auf Flachdächern für Dachbegrünungen wieder verwenden können.

TS: Blicken wir in die Zukunft. Wie sieht aus deiner persönlichen Sicht das Dach der Zukunft aus?

BH: In Zukunft werden Dächer sich noch stärker vom reinen Schutzdach zum Nutzdach entwickeln. Das bedeutet, dass Dächer vermehrt für Zwecke wie Stromproduktion genutzt werden sollen, wobei sowohl Steil- als auch Flachdächer in diesem Prozess eine Rolle spielen. Flachdächer bieten zudem Potential als Terrassen oder zusätzlichen Lebensraum. Begrünte Steil- und Flachdächer werden auch zunehmend für den Wasserrückhalt (Retention) bedeutend sein und damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Kanalisationen bei Regen leisten. Ziel ist es, in Zukunft möglichst viel Wasser auf den Dächern zurückzuhalten, um so die Entwässerungssysteme zu entlasten.

TS: Danke Bruno für das interessante Interview.

trest